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zum Main-Echo-Blickpunkt „Bleibt die Kirche im Dorf“ vom 27.5.2023

St. Gertrud ist also eine E-Kirche. „E“ wie „entbehrlich“?

Das Bistum Würzburg hat nun also alle kirchlichen Gebäude geprüft und kategorisiert. Dass man heute nicht mehr so viele Gebäude braucht wie früher und erst recht nicht mehr bezahlen kann, liegt auf der Hand und kann auch nicht mehr in Frage gestellt werden. Das muss man realistisch bleiben. Aber es ist leider nur die halbe Wahrheit, wenn das Bistum davon spricht, dass die Kategorisierung

nur die Gebäude beträfe. Die traurige, ganze Wahrheit lautet viel mehr, dass das Bistum neben den Gebäuden indirekt auch gleich alle Gemeinden als jeweilige Einheit in Kosten-Nutzen-Kategorien einstuft. Denn man hat neben den eigentlichen Kirchengebäuden, von denen der Bericht im Main-Echo überwiegend handelt, auch gleich die Pfarrbüros und die Gemeindezentren eingestuft. Und oh Wunder: die Gebäude, bei den noch einer von den wenigen Pfarrer seinen Sitz hat, sind als „überörtlich“ eingestuft, somit als zuschussfähig für die Zukunft. Schade, dass alle anderen Gemeindezentren von vornherein so eingestuft wurden, dass es in Zukunft keine nennenswerten Zuschüsse aus dem Geld der Kirchensteuerzahler mehr geben wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Bistumsleitung diese Gemeindezentren aufgibt. Sie sind entbehrlich. Hier Geld reinstecken lohnt sich nicht. Besonders armselig ist es, dass dabei weiche Kriterien, wie lebendig eine Gemeinde in der Realität ist, keinerlei Einfluss haben. Jugendarbeit, Seniorenbetreuung, soziales Engagement und ähnliches, was in der katholischen Kirche eigentlich einen hohen Stellenwert haben sollte, wurde bei der Datenerhebung gar nicht ernsthaft abgefragt. In St. Gertrud gibt es das trotz aller widrigen Umstände – noch! Aber es spielt gar keine Rolle! Am Ende sind es nur die Kriterien „Kosten“ und „Pfarrersitz“, die den Daumen der Bistumsleitung heben oder senken lassen. Die Ehrenamtlichen, die für Gottes Lohn (also gratis) vor Ort versuchen, noch den kläglichen letzten Rest an kirchlicher Arbeit und Präsenz zu leisten, wurden und werden in keiner Weise eingebunden. Natürlich: Gemeindeteams und Kirchenverwaltungen dürfen gegen die Kategorisierung der Form halber Einwände erheben, aber nur „in gebündelter Form“ und mit Stellungnahmen der übergeordneten Gremien des pastoralen Raums. Das klingt wie ein Gebührenbescheid des Finanzamtes, gegen den man ja klagen kann, auch wenn alle wissen, dass man am Ende sowieso verliert. An der jahrhundertealten Gutsherrenart der Kirche hat sich anscheinend nichts, aber auch gar nichts geändert.

Und es wird wohl noch schlimmer: wer soll denn bitte eine neue Nutzung für ein denkmalgeschütztes, sanierungsbedürftiges und mit Emotionen vollgeladenes Kirchenschiff finden? Wer wird sich denn die bittere Arbeit machen, dafür Lösungen zu finden? Wohlgemerkt: Lösungen, die das Bistum nichts kosten dürfen! Wer wird denn die hitzigen und bösen Diskussionen über einen Abriss oder Verkauf vor Ort aushalten müssen? Ganz einfach und wie immer: die Ehrenamtlichen vor Ort! Die gut bezahlte Bistumsleitung in Würzburg wird währenddessen weiterhin in ihrem durchsaniertem Dom den lieben Gott preisen und Vorgaben aussenden, an die man sich doch bitte vor Ort unbedingt halten möge. Mehr kommt da erfahrungsgemäß nicht.

Lieber Herr Bischof Jung, sie sind nun vor bereits 5 Jahren zum neuen Bischof zu Würzburg ernannt worden. Sie kamen mit neuem Schwung und viel Hoffnung. Ich habe zu Beginn Ihre Worte gehört und war beeindruckt über so viel geistige Klugheit und gleichzeitigem Sinn für Realität. Heute ist leider nichts mehr davon übrig. Heute wirken Sie wie ein Finanzvorstand eines untergehenden Konzerns, der den Gläubige(r)n den Bankrott erklären muss. Kein Geld, kein Personal, keine Perspektive. Stattdessen Einstufungen der letzten lebendigen Einheiten in die Kategorie E. „E“ wie „entbehrlich“. Ich frage mich aber: wer und welche Kosten sind hier eigentlich wirklich entbehrlich?

Bernd Aulbach, ehemaliges Mitglied des Pfarrgemeinderates St. Gertrud

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